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Ethylenoxid. Zwei Fragen und drei Antworten

In den letzten Tagen häufen sich die Meldungen in zahlreichen Mainstream- und Alternativkanälen zu den Antigen-Tests und den dafür verwendet Wattestäbchen. Manche haben auf den Wattestäbchen in den Testpackungen vermeintlich kleine Würmchen, sogenannte „Morgellonen“ gesehen. Andere lesen sich den Beipackzettel der Antigen-Schnelltests aufmerksam durch, stoßen dabei auf „Ethylenoxid“ und haben Sorge, dass die Schleimhäute ihrer Kinder täglich mit einer potentiell krebserregenden Substanz in Berührung kommen. Die Leitmedien tun diese Befürchtungen als „nicht zutreffend“[1] ab, Alternativmedien hingegen schlagen Alarm.[2]

Der Wirbel um Ethylenoxid, kurz EO, zeigt vor allem die große Verunsicherung in der Bevölkerung, die Kommunikation der „Experten“ mit der Bevölkerung über geframte Medien und was uns in dieser Krise tatsächlich krank macht – und gesund hält.

In diesem Artikel möchte ich einen neuen Umgang finden mit der Frage um EO und nicht nur eine, sondern gleich drei Antworten finden– und eine weitere Frage.

Ist Ethylenoxid krebserregend? Ja, Nein, Vielleicht

Ja

Ethylenoxid ist ein Gas, das in der Herstellung von Medizinprodukten verwendet wird, um Keime, Pilze und Bakterien abzutöten.[3] Manche Länder verwenden es auch in der Lebensmittelproduktion, z. B. um Gewürze schädlingsfrei zu halten. In Österreich[4] und der EU[5] ist dieses Verfahren nicht zulässig, nur winzige Rückstände werden erlaubt. Nicht grundlos, denn das Gas wird über die Atmung, die Haut und Verdauungsorgane aufgenommen. Es reizt die Haut, kann zu Kopfschmerzen, Zuckungen, Krämpfen und sogar zum Koma führen. Beim Einatmen kommt es oft zu Flüssigkeitsbildung in der Lunge. Und ja – es ist krebserregend.[6]

Diese Information allein beantwortet aber unsere Frage nicht, denn sie ist nicht ins Verhältnis zu anderen Parametern gesetzt.

Nein

EO ist krebserregend – in hohen Dosen und über längere Zeiträume hinweg. Laut Aussage des US-Ministeriums für Gesundheit und Soziales gegenüber der Nachrichtenagentur Reuters[7] sind die Rückstände, die auf den Wattestäbchen verbleiben, für Menschen ungefährlich. EO wird seit Jahrzehnten zur Sterilisation medizinischer Geräte verwendet. 

Sehr anschaulich erklärt auch Dr. Mark Benecke in einem YouTube-Video, dass die Teststäbchen seiner Einschätzung nach ungefährlich sind. Er geht sogar so weit, ein Stäbchen vor laufender Kamera zu essen[8].

Die in Österreichs Schulen verwendeten Antigen-Tests samt Wattestäbchen stammen von den Firmen LEPU-Medical sowie ACON (Flowflex) und sind beide in Österreich zugelassen.[9] Hier wird auf das Paul-Ehrlich-Institut und das Bundesinstitut für Arzneimittel und Medizinprodukte verwiesen, die diese Präparate als ungefährlich einstufen.

Also alles halb so wild?

Vielleicht

Behörden, große Nachrichtenagenturen und ein Kriminalbiologe geben also Entwarnung.

Eine amerikanische Firma namens SCION Instruments, die Gaschromatographen herstellt und daher ständig mit EO zu tun hat, bezieht auf ihrer Website ebenfalls Stellung zur Gefährlichkeit des Gases. Hier ist das Anliegen ein anderes: nicht eine Bevölkerung soll aufgeklärt, sondern ein potentieller Kunde beschwichtigt werden. Selbstverständlich versichert die Firma, dass mit ihren Produkten nichts schiefgehen kann. Dazu wurden mithilfe der Instrumente von SCION EO-Rückstände auf Gesichtsmasken untersucht. Alle getesteten Masken enthielten sehr geringe Rückstände, die den britischen Gesundheitsstandards entsprachen. Doch dann fällt ein entscheidender Satz: „However, long term exposure to Ethylene Oxide was not tested.“[10] – „Langzeiteffekte wurden nicht getestet.“

Gehen wir nochmals zurück zur Zulassung in Ö und D: Das Bundesinstitut für Arzneimittel und Medizinprodukte führt den Antigen-Test von LEPU in einer Liste von Antigentests zum „direkten Erregernachweis“. Sieht man sich die Kriterien genauer an, nach denen diese Tests zugelassen wurden, ist zu lesen, dass es sich hierbei um Sonderzulassungen handelt.

Was genau bedeutet das?

Das BfArM hat die Möglichkeit, das Inverkehrbringen von Medizinprodukten, die kein reguläres Konformitätsbewertungsverfahren zur CE-Kennzeichnung durchlaufen haben, ausnahmsweise in Deutschland befristet zu erlauben, wenn dies im Interesse des Gesundheitsschutzes liegt. Dies kann dann der Fall sein, wenn eine alternativlose Bedarfssituation vorliegt, der entsprechend dringende medizinische Bedarf also nicht anderweitig gedeckt und insofern aus Sicht des Gesundheitsschutzes der Abschluss eines regulären Konformitätsbewertungsverfahrens für das Medizinprodukt nicht abgewartet werden kann.
Grundlage für eine entsprechende Sonderzulassung ist § 7 Abs. 1 Medizinprodukterecht-Durchführungsgesetz (MPDG) und Art. 59 Abs. 1 der Verordnung (EU) 2017/745 (MDR) bzw. bei In-vitro-Diagnostika §11 Absatz 1 Medizinproduktegesetz (MPG).[11]

Was stimmt denn jetzt?

Die Corona-Krise bewirkt vieles. Sie zeigt Brüche und Bruchstellen in unserer Gesellschaft auf, die zuvor schon existiert haben und jetzt noch viel klarer zutage treten. Sie stürzt Menschen aller Alters-, Einkommens und Bildungsschichten in Unsicherheit und Angst. Und wer Angst hat, dessen Blickfeld wird eng.

Die eingangs gestellte Frage, ob EO auf den Wattestäbchen tatsächlich krebserregend ist, ist natürlich relevant. Relevant für Eltern, die Sorge haben, dass Ihre Kinder durch kontinuierliche Anwendung geschädigt werden könnten. Und wie so oft in dieser Krise gibt es mehr als eine Antwort. Ein Zustand, den wir alle seit Monaten kennen und der weitreichende psychische Auswirkungen auf uns alle hat. Angst lähmt, Angst macht handlungsunfähig. Angst macht krank.

Lassen Sie mich die Frage erneut stellen, diesmal mit einem weiteren Blickwinkel:

Macht das ständige Testen Kinder krank?

Ja, macht es, wenn das Kind dadurch gestresst wird. Dass Stress sich negativ auf das Immunsystem auswirkt, ist nicht nur eine Alltagsbeobachtung, sondern wissenschaftlich erwiesen.[12] Einer Studie der Universität Salzburg zufolge hat jedes dritte Volksschulkind Angst vor dem Test, jedem zweiten ist er zumindest „sehr unangenehm.“[13]

Getestet wird, laut Aussage der Bundesregierung, damit infektiöse Kinder abgesondert werden können. Kurz gesagt: damit die anderen Kinder sich nicht mit Covid-19 anstecken, also im Dienste der Kindesgesundheit.
Statistisch gesehen haben Kinder zwischen 0 und 15 Jahren eine Wahrscheinlichkeit von 3,42 %, sich mit Covid-19 zu infizieren. Die Wahrscheinlichkeit, an Covid-19 zu sterben, liegt für alle unter 14 Jahren statistisch bei 00,00 %.[14] Es gab seit Beginn der Pandemie insgesamt vier Minderjährige, die aufgrund von Corona künstlich beatmet werden mussten – unter ihnen ein Todesopfer.[15]

Stehen Schaden und Nutzen der Tests also im angemessenen Verhältnis zueinander, sind sie angebracht, um die Gesundheit unserer Kinder zu fördern?

Nach einem Jahr Corona hat sich unser Denken verändert. Wer nicht Virologe, Public Health Experte, wer nicht Statistiker oder Mediziner ist, hat anscheinend „nichts zu sagen“, denn er ist nicht vom Fach und kennt sich folglich nicht aus, ihm fehlt das spezifische Detailwissen. Das stimmt. Aber die Frage ist, ob spezifisches Detailwissen die einzige Art von Wissen ist, die wir derzeit benötigen.

Vielleicht ist es an der Zeit, das Blickfeld wieder zu erweitern. Wegzukommen von den Details, hin zu einem großen Überblick. Die Dinge ins Verhältnis zu setzen – ähnlich wie bei der Frage, ob EO krebserregend ist. Es geht um die Dosis.

Vielleicht ist es an der Zeit, andere Fragen zu stellen. Zum Beispiel: Selbst wenn der Antigen-Schnelltest sich als krebserregend herausstellen würde – würde es dazu führen, dass die Massentests in den Schulen abgeschafft würden? Würde sich stattdessen eine andere Methode finden lassen, mit anderen Produkten? Würde das die Gesundheit unserer Kinder fördern? Was brauchen wir wirklich, um unsere Gesundheit und die unserer Kinder zu stärken?

Ich möchte Sie einladen, diese Fragen selbst zu beantworten.


Quellen:

[1] https://www.zdf.de/nachrichten/panorama/corona-ethylenoxid-pcr-tests-100.html, abgerufen am 29.3.2021

[2] https://www.unzensuriert.at/content/126408-alarm-um-krebs-erregendes-ethylenoxid-an-china-teststaebchen/, abgerufen am 29.3.2021

[3] https://gestis.dguv.de/data?name=012000, abgerufen am 29.3.2021

[4] https://www.lebensmittelaufsicht-oberoesterreich.org/2020/12/28/gesundheitliche-bewertung-von-ethylenoxid-r%C3%BCckst%C3%A4nden-in-sesamsamen/ , abgerufen am 29.3.2021

[5] https://eur-lex.europa.eu/legal-content/DE/TXT/?uri=CELEX:32015R0868, abgerufen am 29.3.2021

[6] https://www.epa.gov/hazardous-air-pollutants-ethylene-oxide/frequent-questions-health-information-about-ethylene-oxide#doctor, abgerufen am 29.3.2021

[7] https://www.reuters.com/article/factcheck-ethylene-oxide-idUSL1N2LO1YM, abgerufen am 29.3.2021

[8] https://www.youtube.com/watch?v=xxq7A1SpjOg, abgerufen am 29.3.2021

[9] https://www.trinicum.com/diagnostics/lepu_medical_sarscov2__25__antigen_tests,23090,49519.html, abgerufen am 29.3.2021

[10] https://scioninstruments.com/de/detection-of-ethylene-oxide-eo-residue-in-medical-protective-products/, abgerufen am 29.3.2021

[11] https://www.bfarm.de/DE/Medizinprodukte/Antigentests/_node.html, abgerufen am 29.3.2021

[12] https://respekt.plus/wie-stress-die-impfwirkung-beeinflussen-koennte/, abgerufen am 29.3.2021

[13] https://respekt.plus/lasst-uns-einfach-wieder-kinder-sein/, abgerufen am 29.3.2021

[14] https://respekt.plus/wer-wirklich-an-cov-19-stirbt/, abgerufen am 29.3.2021

[15] https://respekt.plus/manipulative-berichterstattung-der-medien-zu-corona/, abgerufen am 29.3.2021


Bild

Mufid Majnun / Unsplash

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