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Für Freiheit, Grundrechte und Rechtsstaatlichkeit

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Die Würde des Menschen

Ist sie tatsächlich unantastbar? Wurde sie in den letzten drei Jahren wirklich mit Füßen getreten? Darf ich jemand anderem seine Würde absprechen? Verliere ich meine Würde, wenn ich mich würdelos verhalte?

Fragen über Fragen, die mir in den letzten Stunden durch den Kopf gegangen sind. Auslöser, mich intensiv mit der Würde des Menschen zu befassen, war die mich erschütternde Nachricht vom Tod des bekannten Biologen Clemens G. Arvay und die daraufhin grassierenden Postings in den (A-)Sozialen Medien sowie die medialen Nachrufe.

Es muss möglich sein, dass ein Mensch seinem Leben selbstbestimmt ein Ende setzt ohne dass die Gerüchteküche zu brodeln beginnt und auch ohne dass dieser Mensch noch einmal durch den – in seinem Fall Corona- – Kakao gezogen wird. Es ist eine Frage der Anerkennung der Würde jedes Menschen, deren Bestehen auch in der Menschenrechtsdeklaration ausdrücklich zu Papier gebracht wurde, ihn in seiner Individualität und seinen Entscheidungen zu respektieren. Ich muss diese nicht akzeptieren, aber ich werde sie anerkennen, um meine eigene Würde zu wahren und sie auch gewahrt zu wissen.

Nun weiß ich aber auch, dass es eine menschliche Eigenschaft ist, sich in Zweifelsfällen alles mögliche auszudenken und diese Gedanken auch mit der kleinen und bisweilen sogar großen Öffentlichkeit zu teilen. Diese Eigenschaft tendiert aber dazu, unmenschlich und damit auch würdelos zu werden. Und damit betreten wir auch gefährliches und uns und andere gefährdendes Terrain.

Auch in Sachen Covid-Aufarbeitung werden bereits Buße- und Vergeltungsmaßnahmen gefordert, Tribunale sollen abgehalten werden, um die „Schuldigen“ zu bestrafen. „Niemals vergessen, niemals vergeben!“, lautet das Motto. Auch damit betreten wir das oben angeführte Terrain – zum Schaden für alle Beteiligten. „Auge und Auge, Zahn und Zahn“ war noch nie eine gute Vorgangsweise, wenn es um die Aufarbeitung von Fehlern und die mitunter notwendigen Konsequenzen dafür geht.

Es ist unzweifelhaft wichtig, jene in die Verantwortung zu nehmen, die sich auch verantwortlich gemacht haben. Diese kann aber auch – und viel besser – unter Wahrung des menschlichen Umgangs und der Menschenwürde geschehen. Jeder Mensch – also auch du und ich – trägt den Keim unmenschlichen Verhaltens in sich. Es ist also möglich, sich in die Schuhe des anderen zu stellen und dessen Weg als einen möglichen zu erkennen – auch wenn er nicht der eigene (geworden) ist.

Ereignisse wie der mutmaßliche Selbstmord eines Menschen, der nicht nur auf seine öffentliche Person und seine fundierte und ermutigende Kritik an zahlreichen Maßnahmen in der C-Zeit zu reduzieren ist, sondern auch als private Person mit seinen sehr persönlichen Geschichten wahrgenommen werden muss, geben uns die Möglichkeit, innere Einkehr zu halten und uns zu fragen, wo wir die Würde eines Mitmenschen verletzt und ihn womöglich so sehr gekränkt haben, dass er nicht unbeschadet daraus hervorgegangen ist. Ebenso können wir uns dadurch darauf besinnen, den würdevollen Umgang miteinander ins Zentrum unseres weiteren Menschseins zu stellen.

Das – nicht mehr und nicht weniger – ist die wichtigste Lehre aus tragischen Ereignissen wie diesem. Denn auch so wird die Unantastbarkeit der Würde des Menschen bestätigt.

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