… allein mir fehlt der Glaube, bekundet Faust am Ende seines Monologs im gleichnamigen Stück von Johann Wolfgang Goethe. Und dieser Zweifel befällt so manchen im Hinblick auf eine geordnete Evaluation bzw. Aufarbeitung der Covid-19-Maßnahmen. Da wird derzeit an allen Ecken und Enden wortreich zurückgerudert, wohl in der Hoffnung, dass man darauf nie wieder angesprochen wird.
Die stärkste Waffe des Journalisten ist das Archiv, soll der leider zu früh verstorbene ORF-Anchorman Robert Hochner einst gesagt haben. Ich möchte diese wahren Worte gerne aufgreifen und sie über die – leider endgültig dahinscheidende – vierte Staatsgewalt, als die sich Journalisten immer noch gerne bezeichnen – hinaus ausdehnen: Die stärkste Waffe des Menschen ist seine durch Ereignisse, Erfahrungen und faktenbasierte Aufzeichnungen bestätigte Erinnerung.
Diese wird ab sofort dringend benötigt, bevor sich die Hauptdarsteller der nun schon fast drei Jahre ausgestrahlten Daily-Soap namens „Corona-Tragödie“ aus der Affäre ziehen können. Die antike griechische Tragödie hatte Katharsis zum Ziel, eine Läuterung der Zuschauer, die in deren Spiegel bei genauem Hinschauen sich selbst und ihre Verstrickungen und Fehler erkennen konnten – mit dem Effekt, sich zu ändern oder zu bessern. Auch die Schauspieler erlebten in ihren Rollen eine ähnliche Wirkung. Von dieser sind wir aber noch meilenweit entfernt. Jüngstes Beispiel ist die vom Gesundheitsminister angekündigte Änderung des Epidemiegesetzes, um auf so genannte „Gesundheitskrisen“ besser reagieren zu können. Ein bekannter Verfassungsjurist forderte daraufhin sogar die Integration der Impfpflicht.
Dabei gilt es doch üblicherweise zuerst einmal zu schauen, was gelungen und misslungen ist, aus Fehlern zu lernen und aktuelle Erkenntnisse in eine Neugestaltung einzubeziehen. Davon ist nichts zu sehen. All die Übergriffe und Probleme, die im Bildungs-, im Gesundheitssystem und bei den „Corona-Förderungen“ passiert sind, sollen in Vergessenheit geraten. All die Menschen und Berufsgruppen, die für die Regierungsagenda missbraucht wurden und die sich eine ehrliche Aufarbeitung sowie Konsequenzen für die handelnden Personen wünschen, sollen weiter ignoriert werden.
So funktioniert das Werkel halt. Im ARD ist derzeit die sechsteilige Serie „Bonn“ zu sehen, die von den Verwirrungen in der nach dem Zweiten Weltkrieg neu entstehenden Bundesrepublik Deutschland erzählt. Damals wurde an so manchem Nazi ein Exempel statuiert, viele aber kamen auch in den neuen Ministerien und Behörden wieder an machtvolle Stellen und mussten sich niemals wie immer gearteten Konsequenzen stellen. Daher höre ich den Ruf nach Aufarbeitung wohl und unterstütze diese Bestrebungen auch, doch fehlt mir der Glaube, dass dies überhaupt und sogar noch rasch passiert.
Außer: Wir kritischen Bürger lassen es nicht zu, diese Rufe nach Aufarbeitung und Konsequenzen zum Verstummen zu bringen. Inspirierend sind dazu die Gedanken Henry David Thoreaus, die er in einem Essay zum zivilen Ungehorsam (englisches Original, deutsche Übersetzung) beschrieben hat.
Im Übrigen bin ich der Meinung, dass wir als vernunftbegabte Wesen die Lehren aus den vergangenen Jahren ziehen, alle „vergewohltätigenden“ Fesseln – und seien sie auch noch so süß – sofort ablegen und unser Leben selber in die Hand nehmen sollten, zum Wohl für uns und alle Menschen auf der ganzen Welt.