Vor etwas mehr als zwei Wochen hat die Redaktion der Plattform RESPEKT jeweils zehn Fragen sowohl an den amtierenden Bundespräsidenten als auch an seine sechs Mitbewerber geschickt. Der Rücklauf war bescheiden, tatsächlich hat nur Walter Rosenkranz von der FPÖ alle Fragen beantwortet. Von mehreren Kandidaten kamen zwar Rückmeldungen aber keine Antworten. Und der Amtsinhaber und Tassilo Wallentin haben nicht einmal das der Mühe wert gefunden.
Hier also die bis dato (das ist der 26.9.22) eingelangten Antworten, beginnend mit Walter Rosenkranz, der sich Zeit und Mühe genommen hat, seine Antworten schriftlich festzuhalten; danach geht es in alphabetischer Reihenfolge von Brunner bis Wlazny weiter.
Walter ROSENKRANZ, FPÖ
Hier geht’s zu einem Idealism Prevails-Kamingespräch mit Walter Rosenkranz.
Was ist für Sie die wichtigste Pflicht des Bundespräsidenten und was sind Ihre Ideen, um dieses Amt „anders“ auszuführen?
Für mich ist der Bundespräsident der erste Diener des Staates.
Anders als beispielsweise bei Nationalratswahlen, wo man Parteien wählt, entscheiden sich die Österreicher bei der Bundespräsidentenwalt direkt für eine bestimmte Person.
Die wichtigste Aufgabe des Bundespräsidenten sehe ich darin, sein Bestes zu tun, damit die Österreicher alle Voraussetzungen im Land vorfinden, um glücklich leben zu können.
Der größte Unterschied zwischen Van der Bellen und mir ist, dass ich als Volksanwalt viele tausende Schicksale erlebe und genau sehe und höre, wo den Österreichern der Schuh drückt und wo Unrecht geschieht. Daher würde und werde ich nicht schweigen, wie es der Amtsinhaber tut, sondern Missstände aufzeigen und mir Gehör verschaffen!
Was charakterisiert Österreich für Sie?
Für mich ist Österreich meine Heimat, mein Zuhause, meine Identität.
Neben der vielfältigen wunderschönen Landschaft sind für mich die – leider manchmal dem Zeitgeist zum Opfer fallenden – Traditionen, das Brauchtum, die Gemütlichkeit und Geselligkeit, unsere Geschichte, aber auch die regionalen Produkte, die hohes Genusspotential haben, charakteristisch für meine Heimat.
Wie ist Ihre Haltung zu den Zielen der Agenda 2030?
Umweltschutz ist Heimatschutz.
Nachhaltigkeit bedeutet für mich „leben und wirtschaften mit Hausverstand“. Dazu gehört beispielsweise Regionalität zu fördern, Traditionen zu leben und die nächste Generation zur Achtsamkeit zu erziehen.
Auch wird leider die wertvolle Arbeit von Frauen zum Wohle der Gesellschaft – Kinder- und Familienarbeit, aber auch die Pflege von Angehörigen – viel zu wenig honoriert und echte Gleichstellung mit Wahlfreiheit dadurch unmöglich gemacht.
Die Lösung dieser Probleme würde tatsächliche Maßnahmen erfordern. Ich hätte daher von einer österreichischen Bundesregierung erwartet, die österreichischen Interessen zu vertreten, eigenständig zu agieren und ausschließlich auf das Wohl der österreichischen Bevölkerung konsequent zu achten.
Stattdessen laufen die Eliten aber dem Dogma der neuen Normalität hinterher, der staatliche Druck im Inneren nimmt zu, immer mehr Lebensbereiche, die bislang unreglementiert waren, werden Regelungen unterworfen, oft mit moralischen Konnotationen. Diese fortschreitende Beengung hat längst all unsere Lebensbereiche erfasst. Traditionellen Werte werden zugunsten linker Gesellschaftsutopien über Bord geworfen. Die Agenda 2030 ist, auch wenn die Ziele als solche in der Allgemeinheit ihrer Formulierung unumstritten sind, Ausdruck solcher Utopien und des Abwälzens nationalstaatlicher Verantwortung auf eine globale Ebene, die dem demokratischen Zugriff der Nationalstaaten weitgehend entzogen ist.
Deutet für Sie etwas darauf hin, dass die USA Europa schwächen wollen? Bitte begründen Sie Ihr Ja oder Nein.
Die Zeiten, in denen die meisten von uns auf eine bessere Zukunft gehofft haben, sind leider vorbei. Sie sind vorbei, weil die Regierung in Österreich, aber auch die Mächtigen in vielen anderen Staaten, falsche Entscheidungen getroffen haben.
Eine gute Zukunft für unser Österreich bedeutet daher die Rückkehr des Österreich, das wir kennen und lieben, in dem die Freiheit und Grundrechte geachtet werden, in dem der Wohlstand gesichert ist und Sicherheit im Inneren wie im Äußeren herrscht.
Deshalb muss man bei all den negativen Entwicklungen achtsam sein und sich auch die Frage stellen, wem die helfen und welche Ziele damit verfolgt werden. Fakt ist, dass die aktuelle Sanktionspolitik gegen Russland hauptsächlich Europa schadet, während die USA davon in Teilbereichen sogar profitieren können.
Geht‘s dem Individuum gut, geht‘s der Gesellschaft gut. Ist das für Sie in guter Weg zu einer gesunden Gesellschaft oder ist es für Sie wichtiger, individuelle Bedürfnisse zugunsten der Gesellschaft zurück zu stellen?
Mit der Verpolitisierung des Privaten geht die Reduktion des privaten Raumes einher, die eine Zurückdrängung des Individuums und Einschränkungen der freien Entfaltung der Persönlichkeit und der eigenen Identität zur Folge hat. Dieser Entwicklung möchte ich mit all meiner Kraft entgegenwirken.
Eingriffe in die Privatsphäre, egal ob durch den Staat oder durch multinationale Konzerne, sind gefährlich. Der Mensch ist kein Untertan der politischen und wirtschaftlichen Eliten und darf auch nicht so behandelt werden.
Welche Möglichkeiten sehen Sie, die „Energiekrise“ zu meistern?
Seitens der Bundesregierung verlässt man sich einmal mehr auf die Europäische Union. Doch die Vergangenheit hat gezeigt, dass die EU noch nie in der Lage war, Krisen zu lösen. Dies sieht man am Beispiel der Migrationskrise, der Bankenkrise oder der Corona-Pandemie.
Die Vorstellung, dass man einen Wirtschaftskrieg gegen Russland führen könnte, der keinerlei negative Auswirkungen auf die eigene Bevölkerung hat, ist naiv. Das beabsichtige Importverbot für Rohöl, Diesel und Benzin aus Russland wird die Preise weiter in die Höhe treiben.
Sanktionen sind nie alternativlos, die Bundesregierung hat aber anscheinend überhaupt kein Interesse daran, nach Alternativen zu suchen.
Meines Erachtens sollten daher parallel zwei Wege eingeschlagen werden. Einerseits gehören die Sanktionen beendet, andererseits müssen langfristige Strategien unter verstärkter Beachtung neuer Technologien zur Energiegewinnung, wie beispielsweise durch Erdwärme, erarbeitet werden.
Was halten Sie von einem WHO-Austritt Österreichs?
Die Frage, ob internationale Organisationen ihre Zuständigkeit überschreiten, stellt sich dann, wenn man solche Überschreitungen als Regierung auch zulässt.
Gerade während der Corona-Pandemie trafen nicht die Bürger beziehungsweise die von ihnen gewählten Mandatare die folgenschwersten Entscheidungen, sondern verfassungsrechtlich nicht vorgesehene Institutionen und Expertengruppen. Was die WHO vorgab, wurde in Österreich von Expertengremien wie der GECKO übernommen. Das Parlament wurde mehr denn je zuvor zu einer Abstimmungsmaschine degradiert, der im Wesentlichen nur die Aufgabe zukam, in einigen wenigen Akten einer Expressgesetzgebung, befreit von jeglichem Anschein einer seriösen parlamentarischen Beratung, Verordnungsermächtigungen zu erlassen.
Ich lehne diese Kompetenzverschiebung vom Nationalstaat weg zu internationalen Institutionen ab und erwarte mir von unserer österreichischen Regierung, die österreichischen Interessen zu vertreten, eigenständig zu agieren und ausschließlich auf das Wohl der österreichischen Bevölkerung konsequent zu achten.
Als Bundespräsident werde ich meine Stimme für die österreichische Souveränität erheben. Es braucht Mut, den Zentralisten entgegenzutreten, aktiv nach Verbündeten zu suchen und auch gegen Widerstände allein die österreichischen Interessen zu vertreten und sich nicht unterbuttern zu lassen.
Wie interpretieren Sie die Neutralität Österreichs und welche Position haben Sie zu einem NATO-Beitritt Österreichs?
Die Geschichte Österreichs ist jene der erfolgreichen Diplomatie. Bruno Kreisky und andere große Staatsmänner haben Wien oftmals als Verhandlungsort bei internationalen Krisen etabliert. Diesem Geschick ist es auch zu verdanken, dass Wien heute einer der Sitze der UNO und Heimat für die OSZE ist.
Neutralität bedeutet für mich Eigenständigkeit für ein freies und souveränes Österreich und ist unantastbar!
Digitale Währung kontra Bargeld – wie ist Ihre Position?
Beim Bargeld gibt es für mich keine Kompromisse, Bargeld ist gelebte Freiheit, der Erhalt des Bargeldes muss verfassungsrechtlich abgesichert werden!
Wie stehen Sie Lobbyisten gegenüber, welche Vor- und Nachteile sehen Sie beim Lobbyismus?
Das Prinzip der Volkssouveränität hat zur Grundlage, dass der Staatswille von gleichberechtigen Bürgerinnen und Bürgern gebildet wird, die sich zu einer selbstbestimmten politischen Gemeinschaft zusammengeschlossen haben. Bei der politischen Mitbestimmung zählt jeder Einzelne gleich, ohne dass dies von Besitz oder Stellung abhängig wäre.
Das ist auch der Grund, warum wir als FPÖ und ich als Kandidat – im Unterschied zu allen anderen Kandidaten – keine Spenden annehmen, denn ich möchte für alle da sein und mich nicht den Wünschen irgendwelcher Großspender oder gut lobbyierender Konzerne verpflichtet fühlen.
Michael BRUNNER, MFG
Michael Brunner ließ in einem Telefonat ausrichten, dass er es aufgrund seines Wahlkampfeinsatzes, vor allem in Tirol, wahrscheinlich nicht schaffen werde, die Fragen zu beantworten. Er verwies auf das Reine-Wein-Interview, das im Sommer in Kooperation von Idealism Prevails mit der Plattform RESPEKT zustande gekommen ist. In diesem beantwortet er allerdings nicht alle der oben gestellten Fragen.
Gerald GROSZ, unabhängiger Kandidat, ehemals FPÖ und BZÖ
Gerald Grosz schickte kürzlich ein E-Mail, in dem er sich gerne zum Interview bereit erklärte.
Wegen des derzeitigen Zeitdrucks sei es aber nur telefonisch möglich. Bislang ist ein Telefonat aber noch nicht zustande gekommen.
Für Reiner Wein hat er vor wenigen Tagen ein Interview gegeben, das hier zu sehen ist. Darin geht er allerdings nicht auf die von uns gestellten Fragen ein.
Heinrich STAUDINGER, unabhängiger Kandidat
„Team Heini“ antwortete per E-Mail wie folgt:
„Danke für Ihre interessanten Fragen. Bitte haben Sie Verständnis, dass Heini Staudinger auf Grund der Vielzahl der zu beantwortenden Fragenkataloge aus zeitlichen Gründen mit dem Antworten nicht mehr nachkommt. Im Anhang dürfen wir Ihnen eine allgemeine Beantwortung von Fragen senden und auf die Website www.heini-praesident.at verweisen, die Informationen über Heini Staudinger gibt. Sehr gerne leiten wir Ihre Nachricht an Herrn Staudinger weiter.
Mit herzlichen Grüßen aus Schrems.“
Beigefügt waren zwei PDFs, die
und
zum Download bereit stehen.
Heini Staudinger war ebenfalls bei Reiner Wein zu Gast, sein Interview ist hier abrufbar. Die von uns gestellten Fragen wurden allerdings in keiner seiner Ausführungen explizit beantwortet.
Alexander van der Bellen, Amtsinhaber, ehemals Die Grünen
Bislang kam keine Antwort auf unseren Interviewwunsch.
Tassilo WALLENTIN, unabhängiger Kandidat
Der Kandidat hat bis zum Redaktionsschluss nicht auf unsere Anfrage reagiert.
Dominik WLAZNY, Bierpartei
Das Presseteam der Bierpartei antwortete auf unsere Anfrage innerhalb weniger Stunden. Dier dann übermittelten Fragen wurden aber bislang nicht beantwortet.