Am 21. Februar 2022 fand die 1. Pressekonferenz der Vernetzungsoffensive bezüglich der willkürlichen Einschränkungen unserer Freiheitsrechte statt. Acht Vertreterinnen und Vertreter verschiedener Berufsgruppen zeigten auf, welche Auswirkungen die Maßnahmen auf ihren Bereich hatten und was jetzt zu tun ist, um aus dieser Krise wieder herauszukommen.
In diesem Beitrag finden Sie das Skript der Gruppe der Therapeutischen Berufe (Ergotherapie, Logopädie, Physiotherapie).
Ingrid Reitstätter-Haberl, MSc: Logopädin in freier Praxis, 9 Jahre Präsidentin des Berufsverbandes logopädieaustria, 1 Jahr Vorsitzende der Gesundheitsberufe Ö. Ausgezeichnet mit dem goldenen Ehrenzeichen für Verdienste um die Republik Österreich.
Alle drei Berufsgruppen – Ergotherapeuten, Logopäden, Physiotherapeuten – fanden und finden die Impfpflicht und die Abstandsregeln im Kontakt zu den Patienten sehr erschwerend und hinderlich. Patienten haben sich nicht mehr in die Praxis getraut und wurden teils von Ärzten viel zu spät zugewiesen. Es sind dadurch Schäden bei Patienten entstanden, die uns die nächsten Jahre noch begleiten werden.
Aus Sicht der Physiotherapie:
Durch das Tragen einer Maske entsteht nachweislich eine Minderversorgung mit Sauerstoff. Dadurch ist während der Ausübung von gymnastischen Übungen der erforderte Mehraufwand an Sauerstoffzufuhr im Gewebe nicht gegeben und kann allenfalls sogar zu Schäden führen. Der motorische Lernprozess eines Menschen ist laut wissenschaftlichem Standpunkt mit dem 12. Lebensjahr beendet, danach gibt es keinen signifikant messbaren Anstieg mehr im Laufe des Lebens. Dadurch wächst jetzt eine Generation an Kindern zwischen 8 und 12 Jahren heran, die durch das Ausbleiben von Leibeserziehung ein sichtbares Defizit an motorischer Koordination aufweist.
Aussage einer Physiotherapeutin: „ Ich habe noch nie in meinem beruflichen Leben so viele schwache und motorisch geschädigte Kinder gesehen wie jetzt.“ (kein Turnunterricht, in der Freizeit eingesperrt) Babys mit motorischer Fehlentwicklung wurden in den letzten zwei Jahren nicht oder zu spät gebracht. Jetzt entsteht ein Stau an Therapiebedarf, der nicht zu bewältigen ist.
Aus Sicht der Ergotherapie:
In der Kindertherapie sind die gleichen Probleme wie bei der Physiotherapie zu beobachten. Durch die wiederholten Lockdowns und Sperren der Kindergartengruppen fand zu wenig soziales Lernen unter Kindern statt. Durch den Mangel an Anreiz und Bewegung sind noch mehr Kinder entwicklungsauffällig als vor Corona.
In der Erwachsenentherapie ist die Therapie im psychosozialen Bereich in vielen Einrichtungen vor allem in Wien durch die 2,5 G-Regel erschwert oder unmöglich geworden. Patienten mit psychiatrischen Diagnosen, die das viele Testen nicht geschafft haben, wurden in tagesklinischen Einrichtungen nicht mehr zugelassen, sind noch schwerer traumatisiert (Depression, Panikattacken, Antriebslosigkeit) und schaffen es seit zwei Jahren nicht mehr, ihre Wohnung zu verlassen.
Stigma: psychisch krank, maskenbefreit und ungeimpft.
Patientin wurde laut eigener Angabe deswegen vom Arzt nicht behandelt.
Aus Sicht der Logopädie:
Angestellte LogopädInnen wurden unter Druck gesetzt, sich impfen zu lassen. In der Therapie mussten sie FFP2-Masken tragen (obwohl sie vom Ministerium FFP2-maskenbefreit sind und mit Gesichtsschild arbeiten können), dies sogar bei hörgeschädigten Kindern, wodurch die Therapie sinnlos wird.
Durch den starken Wechsel der Pädagoginnen in den Kindergartengruppen und Sperren von Gruppen konnten die Kinder in ihrer Entwicklung nicht so gut beobachtet werden wie vor Corona, es fanden zu wenige Elterngespräche statt. Die Folge ist, dass derzeit Kinder mit 3 bis 4 Jahren in die Praxis kommen und nur einzelne Wörter oder gar nicht sprechen.
Erschreckend ist auch die Zunahme von Sprachverständnisstörungen, sicher auch bedingt durch das Tragen von Masken bei den Kindergärtnerinnen. Die Kinder können emotionales und nonverbales Feedback von den Erwachsenen nicht richtig einschätzen. Durch das fehlende Mundbild ist das sprachliche Vorbild nur eingeschränkt gegeben, die Kinder können Sprache oft nicht richtig verstehen und entwickeln.
Viele Kinder sind ängstlicher geworden, die Eltern berichten in der Therapie von Schlaf- und Essstörungen und dem starken Gruppenzwang unter Kindern, wenn viele Kinder in einer Klasse schon geimpft sind und ungeimpfte Kinder sich ausgeschlossen fühlen. Kinder mit Sprachstörungen können sich ohnehin verbal nicht gut mitteilen, sie ziehen sich noch mehr zurück oder werden verhaltensauffällig und agieren aggressiv.
Patienten mit neurologischen Krankheitsbildern trauen sich aus Angst vor einer Corona-Erkrankung nicht in die Praxis. Kontinuierliche Therapie, die sie dringend brauchen, ist somit nicht möglich.
Stimmstörungen bei Lehrpersonal nehmen zu. Sie berichten, dass das Tragen der Maske und gleichzeitiges Sprechen zu anstrengend wurde. Am Tag nach der Arbeit haben sie Kopfschmerzen und eine große Müdigkeit, sie trauen sich aber nicht, damit zum Dienstgeber zu gehen.
Es gibt keine Anweisungen, wie Masken richtig getragen werden, welche Pausen einzuhalten sind. Lehrer wissen darüber oft nicht Bescheid und können das auch nicht an die Schüler weitergeben.
Abschließend möchte ich zu bedenken geben, dass Sprache und Sprechen das Bindeglied zwischen den Menschen ist, Kommunikation bedeutet Teilhabe am Leben.
„Die Gesellschaft wird durch Millionen von Gesprächen gebildet. Wenn ein Mensch seine Geschichte erzählen kann, wird er Teil einer Gesellschaft. Wem man nicht zuhört, der existiert nicht!“ (Henning Mankell). Daher: Hören wir einander zu und versuchen wir einander zu verstehen, um niemanden auszugrenzen oder zurück zu lassen!