Ausweis- und 2G-Nachweispflicht
Seit 11.1.22 sind Einzelhändler aufgrund der neuerlich aktualisierten Covid19-Maßnahmenverordnung verpflichtet, von Kundinnen und Kunden einen Nachweis der Impfung oder Genesung zu verlangen – spätestens an der Kassa. Bei dieser Kontrolle ist auch ein Lichtbildausweis vorzuweisen. Es gibt noch zahlreiche Unsicherheiten, die allesamt nicht ausgeräumt sind. So ist es beispielsweise fraglich, wie in Einkaufszentren vorgegangen wird, in denen auch Produkte des täglichen Bedarfs verkauft werden oder etwa in Fahrradgeschäften, in denen auch eine Werkstatt vorhanden ist, deren Inanspruchnahme ja von der 2G-Regel ausgenommen ist. Offiziell verlautet wird ein schon am ersten Tag großteils reibungsloser Ablauf, die ersten Eindrücke, die der Redaktion vorliegen, zeichnen aber ein anderes, eher chaotisches Bild.
Kippt die Impfpflicht?
Eine Flut von meist kritischen bis ablehnenden Stellungnahmen zu den beiden Vorlagen zum Impfpflichtgesetz (insgesamt über 185.000, davon etwas mehr als 106.000 zur Regierungsvorlage und knapp 80.000 zum schwarz-grünen Initiativantrag) zeigt die Brisanz des Themas und die Betroffenheit der Bevölkerung. Von Regierungsseite spricht man von einer Fülle gleichlautender Stellungnahmen und will am Gesetz mit leichten Adaptierungen festhalten. Fundierte Äußerungen wie jene von Martin Sprenger, Madeleine Petrovic, der Verwaltungsrichter oder von Verfassungsjuristen sollen offenbar übergangen werden. Zuletzt forderte auch der Epidemiologe Gerald Gartlehner ein Überdenken der Impfpflicht (wir haben in der Vorwoche berichtet), auch der Infektiologe Herwig Kolleritsch plädierte vor kurzem in der ZiB2 zumindest für eine Verschiebung auf Ende Mai. Zudem regt sich in den Reihen der Grünen (auch hier haben wir in der Vorwoche berichtet) und der SPÖ, hier vor allem aus dem Burgenland, aus Salzburg und Tirol weiterer Widerstand gegen die geplante Maßnahme.
Impfpflicht verfassungswidrig?
Auch die Salzburger Verfassungsjuristen Reinhard Klaushofer und Benjamin Kneihs haben sich laut orf.at intensiv mit dem Gesetzesentwurf der Bundesregierung auseinander gesetzt. Sie kritisieren unter anderem, dass die Pflicht auf einem Lebensalter von 14 Jahren gelte, denn Kinder und Jugendliche genössen juristisch gesehen einen besonderen Schutz. Zudem würden „Off-label-Anwendungen“ wie etwa die Booster-Impfungen von Kindern im vorliegenden Gesetzesentwurf aber auch die Kreuz-Impfungen nicht ausgenommen. Verfassungsrechtler Kneihs dazu: „Wenn ich zwei Impfungen mit Astra-Zeneca bekommen habe, und das wird gar nicht mehr angeboten. Und ich muss eine dritte Impfung nachweisen, dann bin ich gezwungen, eine Off-Label-Impfung machen zu lassen. Wir beurteilen nicht, ob die nun gut oder schlecht ist. Sie ist arzneimittelrechtlich aber nicht zugelassen. Daher kann man die Menschen aus unserer Sicht auch nicht zwingen.” Auch sei eine Aushebelung des gesetzgebenden Parlaments durch die im Gesetz vorgesehene „Verordnungsermächtigung“ für den Gesundheitsminister „verfassungsrechtlich nicht haltbar”, betonen beide. Und: „Wenn die Impfung nicht mehr geeignet ist, um nötigen Schutz herzustellen, dann wäre die Impfpflicht verfassungswidrig. Wenn sie nicht mehr erforderlich ist, weil das Virus so harmlos wird, dann wäre sie auch verfassungswidrig. Und wenn der Nutzen im Verhältnis zur Schwere des Eingriffes außer Verhältnis gerät, dann würde die Pflicht auch verfassungswidrig.”
Widerstand weiter notwendig!
Die Haltung der Regierungsparteien und das vom Bundeskanzler und seinem Vize angekündigte Festhalten an Impfpflicht und der Einführung im Februar treibt eine weiterhin wachsende Zahl von Menschen dazu, Widerstand zu leisten. In den vergangenen Tagen haben sich etwa 217 Hebammen gegen das geplante Gesetz geäußert, auch 600 Polizisten haben einen offenen Brief an den Innenminister übermittelt. Und auch auf der Straße finden weiterhin nicht nur an jedem Wochenende zahllose Kundgebungen, Demonstrationen, Mahnwachen und Spaziergänge statt, an denen sich Menschen jeglichen Alters und aus allen gesellschaftlichen Schichten mit dem Ziel, das Vorhaben der Regierung zu Fall zu bringen, beteiligen.