Sehr geehrter Herr Vizekanzler Mag. Kogler!
Ich habe in meinen Jugend- und jungen Erwachsenenjahren mit Zwentendorf und Hainburg angefangen politisch und kritisch zu denken. Ich war in den Bewegungen „Atomkraft – nein danke“ und „Hainburg“ aktiv tätig. Seit der Gründung der grünen Partei habe ich auf Bundes- und Landesebene fast ausschließlich „grün“ gewählt.
In den vergangenen Jahren hat mich die Politik der Grünen Partei jedoch derart enttäuscht, dass diese für mich nun nicht mehr wählbar ist! Bei diesem Eindruck übersehe ich nicht die Erfolge der Grünen in der Regierungsarbeit wie z.B. das Klimaticket, die Ökologische Steuerreform (auch wenn sie erst einen Anfang darstellt), oder generell die Arbeit der Bundesministerin für Klimaschutz, Umwelt, Energie, Mobilität, Innovation und Technologie, Leonore Gewessler (Stichwort Neubewertung von Straßenbauvorhaben) und der Bundeministerin für Justiz, Dr.in Alma Zadić.
Sehr enttäuscht bin ich von den Grünen vor allem im Umgang mit der Corona – Pandemie. Meinen folgenden Ausführungen stelle ich voran, dass ich nicht leugne, dass Corona eine ernst zu nehmende Krankheit ist und dass ich kein absoluter Impfgegner, aber generell Impfungen gegenüber kritisch bin und sie nur in individuellen, ärztlich indizierten Fällen für angebracht erachte.
Was stört mich am Umgang mit der Pandemie bei den Grünen?
- Mit der „Grünen Idee“ verbinde ich Begriffe wie Natur, Ökologie, natürliche Prozesse, Natürlichkeit, Meinungsfreiheit, Grundrechte der Menschen, etc. Das gilt für mich auch im Zusammenhang mit der Gesundheit. Grundsätzlich gehe ich davon aus, dass der gesunde menschliche Körper mit zahlreichen wunderbaren Funktionen ausgestattet ist, um mit den Anforderungen seiner Umwelt, insbesondere von Erkrankungen, umgehen zu können. Diese Funktionen entspringen einem evolutionären Prozess. Gesundheitspolitik bedeutet für mich in erster Linie, diese natürlichen Eigenschaften des Körpers zu unterstützen. Doch in der nun fast zwei Jahre andauernden Pandemie (und leider auch nicht davor), habe ich keine einzige Initiative des Gesundheitsministers wahrgenommen, die Bevölkerung über Maßnahmen der Stärkung des Immunsystems (und davon gibt es zahlreiche) zu informieren und zur Anwendung dieser Maßnahmen zu motivieren. Es wäre z.B. möglich, bei den Teststationen diesbezügliche Informationsbroschüren aufzulegen oder einen Teil des Geldes das in die Bewerbung der Impfung investiert wird (ist die Bewerbung der Impfung gemäß Arzneimittelgesetz überhaupt zulässig?), für die Bewerbung dieser Maßnahmen zu verwenden. Mir sind auch keine ähnlich gravierenden Maßnahmen wie sie jetzt im Zusammenhang mit der Coronaimpfung getroffen werde in Erinnerung, um Risiken, wie z.B. Rauchen oder Übergewicht sie darstellen, zu vermeiden.
- Wenn jemand an Corona erkrankt ist, dann ist es sinnvoll, sofort mit einer Therapie zu beginnen und damit die Notwendigkeit in Spitalsbehandlung zu kommen zu reduzieren. Es sind einige schul- und alternativmedizinische Therapien für diese Phase der Erkrankung bekannt und es wären auch schon seit mindestens einem Jahr Medikament verfügbar! Doch wenn man an Corona erkrankt ist, dann wird man mit dieser Erkrankung völlig alleine gelassen. Zum Hausarzt darf man nicht gehen, dieser macht im Regelfall bei einer Coronaerkrankung keine Hausbesuche, von offizieller Seite erhält man keine Information wie man mit der Krankheit umgehen soll. Man bekommt lediglich den Absonderungsbescheid und ein Formular, in das man täglich die Körpertemperatur und bestimmte Symptome eintragen soll. Kein Arzt interessiert sich in weiterer Folge für den Inhalt des Formulars. Das alles habe ich selbst so erlebt!
Warum wird hier keine aktive Informationspolitik betrieben? Warum wird nicht wie in der Schweiz verfahren, wo man nach einem positiven Test sofort von einem Arzt kontaktiert wird? Als einzige Antwort auf die Pandemie die Impfung zu sehen und die viel bessere natürliche Immunisierung bzw. den Immunstatus des Einzelnen völlig zu ignorieren ist insbesondere von einem grünen Gesundheitsminister, der noch dazu Arzt ist, sehr enttäuschend!
- In Ihrer Rede bei der Vorstellung der neuen Regierungsmannschaft am 09.12.2021 (https://orf.at/stories/3239588/) werfen sie alle Teilnehmerinnen und Teilnehmer der Demonstrationen der vergangenen Wochen in einen Topf und werfen ihnen vor, kritiklos einer Gruppe von Rechtsradikalen zu folgen. Das ist eine ungeheure Unterstellung! Sie sollten einmal bei einer dieser Demonstration teilnehmen und mit den Teilnehmerinnen und Teilnehmern reden, ihnen zuhören worüber diese Menschen nachdenken, was ihre Sorgen und Ängste sind und was sie bewegt zu demonstrieren. Dann würden Sie ein völlig anderes Bild erhalten!
- Zu den Demonstrationen rufen verschiedene Organisationen auf, die meisten davon sind sicherlich nicht dem extrem rechten politischen Eck zuzuordnen.
- Von den mehreren Zehntausend Teilnehmerinnen und Teilnehmern sind nur einige wenige rechtsradikalen Gruppierungen zuzuordnen. Die meisten stellen den Durchschnitt der österreichischen Bevölkerung dar – Jugendliche, Eltern mit Kindern, alte Leute, verschieden Berufsgruppen (u.a. auch aus dem Gesundheitsbereich, von der Exekutive, Feuerwehr, etc.), Menschen aus der Alternativszene, usw. In Wahrheit sind die Rechtsradikalen nur die Mitläufer bei diesen Demonstrationen!
- In Ihrer Rede sprechen sie von der Dialogbereitschaft. Ich kann diese weder bei den Regierungsparteien noch bei einigen der Oppositionsparteien erkennen. Warum wird z.B. ein Abgeordneter, der mit Zitaten aus Studien und von offiziellen amtlichen Mitteilungen belegte Informationen vorträgt ignoriert oder sogar niedergebrüllt? Wenn andere Informationen ihrerseits vorliegen, warum werden diese nicht als Gegenargumente dargelegt?
Warum wird zu der breit angelegten Diskussion über das Gesetz zur Impfpflicht gerade jene Partei nicht eingeladen die in diesem Zusammenhang kritische Fragen stellt? Wenn die Regierung so schwergewichtige Argumente hat, dann bräuchte sie ja keine Angst zu haben kritische Stimmen einzuladen.
Wo ist hier die Dialogbereitschaft?
- Zur Meinungsfreiheit – einem Gut das besonders den Grünen ein Anliegen sein sollte! Warum werden Menschen, die eine andere Meinung als jene der Regierungslinie vertreten diskreditiert? Warum müssen Menschen die andere Erkenntnis haben und diese öffentlich machen mit ernsten Konsequenzen rechnen (z.B. Entlassung oder Entzug der Arztlizenz)? Warum werden bisher hoch angesehene Wissenschaftler nun schlecht gemacht nur weil sie eine andere Meinung als jene der Regierung vertreten? Als Beispiele möchte ich dazu Univ.-Prof. Dr. Andreas Sönnichsen von der Medizinischen Universität Wien sowie Univ. Prof. DDr. Christian Schubert von der Univ.-Klinik für Med. Psychologie in Innsbruck nennen.
Es fehlt mir jeglicher wissenschaftliche Diskurs. Auch allgemein in der Gesellschaft findet keine Auseinandersetzung mit anderen Meinungen mehr statt. Jede andere Sichtweise wird sofort in ein obskures Eck gedrängt (Aluhutträger, rechtsradikal, Coronaleugner, Verschwörungstheoretiker, Esoteriker, …). Diese Einstellung bei den Menschen wird durch die herrschende Politik und das Verhalten der Politiker gefördert statt dem entgegenzuwirken. Derzeit wird die Meinungsfreiheit mit Füßen getreten!
An das Ende meines offenen Briefes stelle ich ein Zitat aus der Zeit der Aufklärung von Voltaire das sehr gut zum Thema Meinungsfreiheit passt:
Mein Herr, ich teile Ihre Meinung nicht, aber ich würde mein Leben dafür einsetzen, dass Sie sie äußern dürfen.
Mit freundlichen Grüßen
DI Bernhard J. (vollständiger Name der Redaktion bekannt)