Also doch: Lockdown
Nun befinden wir uns seit Montag dieser Woche in einem neuerlichen Lockdown, wenn auch nur für die „Ungeimpften“. Der Stufenplan der Regierung, der einen solchen erst ab einer Intensivbettenbelegung von 600 vorgesehen hatte, wurde von Gesundheitsminister und Bundeskanzler „vorgezogen“. Letzterer will damit – seinen eigenen Worten nach – eine „Drohkulisse“ aufbauen, die wirken soll. Es geht also darum, jene, die sich aus guten Gründen weiterhin weigern, sich „spiken“ zu lassen (Anm. Dieser Begriff wurde von Dr. Martin Haditsch ins Leben gerufen, um darauf hinzuweisen, dass es sich hier keinesfalls um eine Impfung im klassischen Sinn handelt, diese also auch so nicht bezeichnet werden dürfe), weiterhin – ohne Impfzwang, wie Vizekanzler Kogler betonte – unter Druck zu setzen.
Die seit Montag zur Durchsetzung dieser Maßnahme geltende Verordnung wird von prominenten Verfassungsrechtlern kritisch gesehen: Denn angesichts vieler Infektionen auch von Geimpften könne längst nicht mehr von einer Pandemie der Ungeimpften gesprochen werden. Und solche faktischen Gegebenheiten haben auch rechtliche Auswirkungen, meinte etwa der Verfassungsrechtler und Gesundheitsrechtsexperte Karl Stöger gegenüber dem Ö1-Mittagsjournal am 12.11.21. Und Bernhard-Christian Funk sieht das Problem bei der Überwachbarkeit. Um Verhältnismäßigkeit zu garantieren, müsse sichergestellt werden, dass sich der Bewegungsspielraum von Menschen ohne Immunisierung tatsächlich auf Wohnung, Arbeitsplatz und Spazierengehen beschränke, meint er. Ins selbe Horn stößt Verfassungsrechtsexperte Heinz Mayer. „Wie will man denn im öffentlichen Raum kontrollieren, ob wirklich alle Menschen, die sich dort aufhalten, auch geimpft sind“, fragt sich der Jurist. Daher bestehe die Gefahr, dass die Maßnahme „nicht effektiv und damit verfassungswidrig“ sei, da die Rechtfertigung, die Aussicht auf Erfolg, fehle.
Gemäß den Ausführungen der Anwälte für Aufklärung handelt es sich bei einer Übertretung dieser Regelung um einen Verwaltungsstrafdelikt. Es sei wichtig, die auferlegte Buße nicht sofort zu bezahlen, sondern sich anzeigen zu lassen und gegen den dann erlassenen Bescheid Einspruch zu erheben. Die Verfassungsmäßigkeit der Verordnung ist aus deren Sicht jedenfalls kaum gegeben. Aber auch seitens der Polizei regt sich Widerstand, man sehe für die Kontrollen die Gesundheitsbehörden gefordert und nicht die Exekutive.
Widerstand ist nicht zwecklos
Die positive Meldung der Woche betrifft den wachsenden und verstärkt offen kolportierten Widerstand in der Bevölkerung aber auch bei prominenten Persönlichkeiten. So hat der ehemalige nordische Kombinierer und erfolgreichste österreichische Olympiasportler Felix Gottwald, der auch Gesundheitswissenschaft studiert hat, dieser Tage in einem offenen Brief an Sportminister und Vizekanzler Werner Kogler, seinen sofortigen Rücktritt als Vorsitzender der Breitensportkommission der Bundes-Sport GmbH bekannt gegeben und diesen unter anderm so begründet: „Spaltung, Hetze, Diskriminierung – das sind die Regierungsgebote der Stunde. Ich schäme mich zutiefst für unser Land und bin als Österreicher zornig, traurig und (ver-)fassungslos zugleich. Ich habe jegliches Vertrauen in die Politik verloren, und mir fallen beim besten Willen keine Argumente mehr ein, warum ich ihr auch nur eine Silbe glauben sollte. … Als nachweislich Gesunder, der mit vernünftigen und sinnvollen Maßnahmen zur Eindämmung der Pandemie sehr verantwortungsvoll umgeht, werde ich jetzt wie Millionen andere vom sozialen und damit auch vom sportlich bewegten Leben ausgegrenzt.“ Sport und Bewegung seien ein Teil der Lösung und nicht des Problems, betont Gottwald. Und weiter: „Gerade Sie als Sportminister hätten es in der Hand, Hebel in Bewegung zu setzen, die Bewegung und (Breiten-)Sport in der wohl größten Gesundheitskrise unserer Zeit zu fördern und nicht verhindern.“ Und abschließend: „Ich möchte wieder in einem Land leben, auf das wir stolz sein können, in einem Land, in dem wir als Gesellschaft eine Kultur des Füreinanderdaseins pflegen. Entscheidungen und Handlungen, die von Verstand, Verständnis und Vertrauen geprägt sind, wünsche ich mir von Herzen. Die Hoffnung, dass es dafür – unabhängig von den äußeren Umständen – nie zu spät ist und dass heute immer der beste Zeitpunkt bleibt, damit wieder zu beginnen, …“
Erwähnenswert ist auch jene Initiative von Vorarlberger Unternehmern, die sich in zwei Inseraten für die sofortige Aufhebung der Diskriminierung gesunder Menschen aussprechen und geimpfte und ungeimpfte Mitarbeiter gleichermaßen willkommen heißen.
Diese beiden Beispiele sind nur die Spitze eines immer größer werdenden Eisbergs, an dem das als so massiv angesehene Regierungsschiff und seine Maßnahmen eines Tages zerschellen könnten.