Slogans in Fitnessstudios, vor Clubs und in Studentenheimen sollen Jugendliche zur Gratisimpfung bringen: “Alle gehen in den Club. Nur nicht Jochen, der ist noch nicht gestochen.“ Um die Impfwilligkeit bei den Jugendlichen anzukurbeln, setzt das Bundeskanzleramt neuerdings auf Poetisches. Die neuen Werbeslogans sollen Jugendliche überzeugen, dass sie sich impfen lassen müssen, um dabei zu sein.
Alle Reime beginnen mit den Worten: “Alle gehen in den Club”. Danach wurde von der Werbeagentur Jung von Matt, der kreativen Abteilung von “Österreich impft”, geschüttelt und gereimt. Um auf möglichst große Diversität zu achten, wurden auch multikulturelle Namen wie Jula, Hülya, Irene oder Florica verwendet. Seit dem Sommer ist das Bundeskanzleramt die Impfkampagne “Österreich impft” inklusive Werbeschaltungen und Mediaplanung verantwortlich. Davor war das Rote Kreuz dafür zuständig, welches weiterhin die Website stellt. Das Social Media Team von “Österreich impft” hat jedenfalls eine zweite Welle – mit weiteren Sprüchen angekündigt.
Wir sind jeden Tag von Werbung umgeben. Manche Werbemaßnahmen sind für uns ansprechend, andere nicht. Aber sie haben alle den gleichen Zweck, unsere Meinung zu beeinflussen und bestenfalls den Wunsch nach einem Produkt zu wecken oder zu steigern. Ständig wird neue Werbung gemacht, denn sie verliert durch Gewöhnung an Wirkung, da das menschliche Gehirn Abwechslung benötigt.
Werbung hat eine eigene Sprache, die den Konsumenten unbewusst anspricht, ohne dass es der Angesprochene direkt wahrnimmt. Sie arbeitet mit Schlüsselreizen. Die psychologische Grundlage dieses Effekts ist die Klassische Konditionierung.
Werbepsychologie ist eine der verrufensten Bereiche der Psychologie, aber auch Werbung darf nicht alles. Um das zu gewährleisten, gibt es das Gesetz gegen den unlauteren Wettbewerb. Das Wettbewerbsrecht regelt, welche Aussagen und Maßnahmen in der Werbung legitim sind. So verstößt eine Werbung gegen das Wettbewerbsrecht, wenn sie in der Lage ist die Entscheidungsfreiheit der Kunden durch Ausübung von Druck, in menschenverachtender Weise oder durch sonstigen unangemessenen Einfluss zu beeinträchtigen. Oder wenn sie irreführend ist. Wenn sie die geschäftliche Unerfahrenheit (Kinder, Jugendliche), die Leichtgläubigkeit, die Angst oder die Zwangslage von Verbrauchern ausnutzt indem der Werbecharakter verschleiert ist.
Ob die Slogans von „Österreich impft“ diesen Kriterien Genüge tun?
Dieser unkritischen und einseitigen werbepsychologischen Kampagne hat das Social Media Team von RESPEKT etwas entgegengesetzt. Wir haben Mitte Oktober auf unserem Telegramkanal die ersten alternativen Postings veröffentlicht mit der Bitte an die Leser mitzureimen. So wurde aus „Österreich impft“ ein „Österreich reimt“. Neben dem Effekt über die virale Verbreitung der Postings den jungen Leuten zu vermitteln, dass sie genauso „in“ sind, wenn sie sich nicht impfen lassen und diese Entscheidung nicht von den Slogans einer Werbeagentur, sondern von ihren eigenen Überlegungen abhängen sollte, haben auch viele Leser geschrieben, dass es gut getan hat, sich trotz all der täglichen Schreckensnachrichten, mit positiven Dingen zu beschäftigen.
Unsere Intention ist es, Jugendliche in ihren selbstgewählten Entscheidungen zu respektieren, statt systematisches, werbepsychologisches Mobbing zu betreiben.
Reimen Sie mit! Wir veröffentlichen laufend neue Postings zum Teilen!
Quellen: