Sehr geehrter Herr Univ.-Prof. Dr. Vitouch!
Seit 1774 können wir uns in Österreich nach einer Initiative von Kaiserin Maria Theresia glücklich schätzen, dass alle Menschen ein Recht auf Bildung haben. Mit der willkürlichen Einführung der 2G-Regelung an der Alpen-Adria-Universität Klagenfurt haben Sie den Studentinnen und Studenten dieses Grundrecht genommen. Bis vor wenigen Tagen hat sich die Alpen-Adria-Universität noch als weltoffene akademische Bildungseinrichtung verstanden. Daher wäre dringend der Slogan „Die Welt ist vielfältig. Wir auch.“ anzupassen. Die Vielfalt ist einer Einfalt gewichen, die an die bildungspolitische Steinzeit erinnert.
Noch schlimmer als dieser willkürlich und ohne jegliche Evidenz erfolgte Akt ist jedoch der folgende Satz, den Sie den störrischen, impfunwilligen Studierenden ausrichten haben lassen: „Jene, die all das kategorisch von sich weisen, müssen beizeiten beginnen darüber nachzudenken, ob eine Universität das Richtige für sie ist.“
Es mutet befremdend an, dass ein promovierter Psychologe wie Sie zu einer solch menschenverachtenden, pauschalierenden Aussage überhaupt fähig ist. Sie berufen sich in Ihrem Schreiben zudem auf die „wissenschaftliche Basis“, die die Grundlage für die Zugangsbeschränkungen zur Alpen-Adria-Universität Klagenfurt darstellt – ohne diese Basis selbst zu beherzigen.
Auch wenn Ihre Darstellungen zu 100 Prozent dem politischen und medialen Narrativ entsprechen, muss ich Sie leider enttäuschen: Wissenschaft lebt immer noch vom dem Dreigestirn Hypothese, Antithese und Synthese. Von letzterem ist die wissenschaftliche Welt noch meilenweit entfernt. Ihre Aussage, dass die Impfung das beste Präventionsinstrument ist, ist unwissenschaftlich – weil durch nichts belegt. Oder ist es der breiten Öffentlichkeit entgangen, dass an der Alpen-Adria-Universität vor kurzem ein Lehrstuhl für Wahrsagerei eingerichtet worden ist?
Die Antithese ist sehr wohl in der wissenschaftlichen Welt zugegen, derzeit wird sie noch von den Mainstream-Medien ignoriert. Es kann allerdings nur mehr um Wochen oder Monate dauern, dass dieser wissenschaftliche Diskurs auch in der Öffentlichkeit seinen Widerhall findet.
Bleibt also nur mehr die Hypothese, die für Sie als Uni-Rektor scheinbar die vage Basis für Entscheidungen darstellt. Ebenso wirft Ihr Schreiben ein interessantes Licht auf ihren „wissenschaftlichen“ Zugang, wenn Sie mangels Argumenten das Oberhaupt einer Glaubensgemeinschaft und einen Wikipedia-Artikel zitieren müssen.
Bleibt zu hoffen, dass Ihr Vorstoß in Österreich keine Nachahmer findet. Um in Ihrer Sprache zu bleiben: „Eventuell müssen Sie beizeiten darüber nachdenken, ob die Universität das Richtige für Sie ist.“
Andreas Reisenbauer