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Überzeugung oder Überredung? Die Sprachmanipulation des Gesundheitsministeriums

Sprachmanipulation erfolgt bewusst durch Multiplikatoren wie Politiker, Journalisten, Interessenverbände und Werbetreibende – Gruppen mit großer sprachlicher Reichweite. So verändert beispielsweise eine Partei oder Interessengruppe Sprache, „indem sie eine ihren Interessen dienende politische Sprachregelung anstrebt. Bestimmte Worte müssen zum allgemeinen Sprachgut werden, dann gewinnen sie selbst eine politisch und ideologisch organisierende Funktion.“ (1) Langfristig kann aber auch die unbewusste und unkritische Übernahme und Verwendung sprachmanipulatorischer Elemente für alle sprachverändernd wirken.

Sprachmanipulation hat das Ziel verbreitete Einstellungen und Meinungen herbeizuführen oder zu verändern bis hin zur Sanktionierung eines von einer vorgegebenen Linie abweichenden Verhaltens. Sie soll Unterschiede zwischen individuellem und veröffentlichtem Sprachgebrauch verursachen, erhalten und vergrößern. 

Die Folgen sind vielschichtig und wirken erst im Kontext ihres Gebrauchs. In der Werbung etwa dient sie dem Kaufinteresse und der Beeinflussung des Marktes, was besonders bei Kindern, die diesen manipulativen Techniken noch ohne Vorbehalte begegnen, bedenkliche Folgen haben kann.

In der Politik kennen wir das als strategische Kommunikation, die die politische Meinung der Bürger steuern soll.

Zu Kriegs- und Krisenzeiten dient sie der Legitimation krisenbezogener politischer Handlungen in der Öffentlichkeit. Wir sprechen von Propaganda. So wurde beispielsweise in den letzten Monaten nicht das Wort „Ausgangssperre“, sondern „Ausgangsbeschränkung“ verwendet – ein Euphemismus also, ein Ausdruck der einen Sachverhalt beschönigend, mildernd oder in verschleiernder Absicht benennt.

Auf diesem Hintergrund darf ich ein paar Auszüge aus einem „Wording zur Corona-Schutzimpfung“ (2) erstellt vom Bundesministerium für Soziales, Gesundheit, Pflege und Konsumentenschutz wiedergeben, das am 21.10.2021 von der Ärztekammer Vorarlberg an die Ärzteschaft verschickt wurde:

Anstatt des Wortes „Stich“ solle man in Zukunft besser von „Dosis“ sprechen. Als Anmerkung ist zu lesen: „Ruft negative Assoziationen bei Menschen hervor (Nadelphobie ausgeprägt in der Bevölkerung), Angst vor Schmerzen. Auch der Einsatz von Bildern, die zeigen, wie die Nadel sticht sind ungeeignet.“

Anstatt „teil- bzw. vollimmunisiert“ möge man in Zukunft „xte Dosis erhalten“ verwenden. Die Erklärung: „Bisher wurden Personen als vollimmunisiert bezeichnet, wenn sie eine erste Impfserie, bestehend aus zwei Dosen, erhalten haben. Entscheidend ist, wer die notwendige Anzahl an Impfdosen den aktuellen medizinischen Empfehlungen entsprechend erhalten hat. Darauf wird künftig in der Kommunikation der Fokus gelegt.“

Der Begriff „Herdenimmunität“ soll ersatzlos aus der Kommunikation gestrichen werden. Denn: „Der Begriff Herdenimmunität ist problematisch, da Genesene inkludiert sind, aber keine finale wissenschaftliche Evidenz hinsichtlich der Dauer des Infektionsschutzes von Genesenen vorliegt.“

Nur wenige Tage später überrascht Gesundheitsminister Mückstein wenig mit dem Stufenplan:

Bei der nun zusätzlich in Kraft tretenden Stufe drei verliert der Antigentest in Bereichen mit 3G dann in ganz Österreich seine Gültigkeit. Zutritt haben damit überall nur mehr Geimpfte, Genesene oder Personen mit aktuellem PCR-Test.

Was die Impfung angeht, so betonte Mückstein, das Impfgremium habe sich darauf verständigt, dass die dritte Corona-Impfung für alle Menschen in Österreich ab 18 Jahren sechs Monate nach dem zweiten Stich möglich sein soll. Besonders wichtig sei es, medizinisches Personal, Risikopatienten und Menschen über 65 Jahren ein drittes Mal zu impfen. Aber auch alle anderen seien dazu angehalten, sich die dritte Impfung abzuholen.

Es sei übrigens nicht notwendig, vor Verabreichung der dritten Dosis einen Antikörperstatus bestimmen zu lassen, so der Minister: „Hier ist noch kein Schutzkorrelat definiert, es ist noch nicht fix, ab welchem Wert hier ein Schutz gegeben ist. Wenn Ärzte dazu raten und die Patienten dann erkranken, kann das rechtliche Folgen für den Arzt haben.“

Mückstein schloss zudem nicht aus, dass nach der dritten Dosis ein vierter oder fünfter Stich notwendig sein könnte.

Quellen

(1) G. Klaus: Die Macht des Wortes. 1968.

(2) BMSGPL Wordings Impfung

Literatur

Nina Janich: Werbesprache. Ein Arbeitsbuch. Narr, Hamburg 2001. 

Gustave Flaubert: Das Wörterbuch der gemeinen Phrasen. Hrsg. Eichborn, Berlin 2005.

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