Seit dem 1.11.2021 ist am Arbeitsplatz ein Nachweis im Sinne der 3-G-Regel nötig. Dies gilt, sofern am Arbeitsort ein physischer Kontakt zu anderen Personen nicht ausgeschlossen werden kann. Bis einschließlich 14.11.2021 gilt eine Übergangsfrist. Dr. Michael Brunner ist Rechtsanwalt und Bundesparteivorstand der MFG Menschen Freiheit Grundrechte. Er sieht für diese Vorgehensweise weder eine rechtliche Grundlage, noch ist es medizinisch oder wissenschaftlich gerechtfertigt.
Wir möchten Ihnen hiermit einen Überblick über die rechtliche Situation geben. Folgende Informationen kommen von Dr. Michael Brunner und der MFG Österreich. Aufgrund der Wichtigkeit wird diese Information auch auf respekt.plus veröffentlicht.
Dient zur Vorlage an Arbeitgeber / Arbeitnehmer
1 Covid-19-Maßnahmenverordnung, BGBl II Nr. 441/2021
Gemäß § 9 Abs.1 leg.cit. dürfen Arbeitnehmer, Inhaber und Betreiber Arbeitsorte, an denen physische Kontakte zu anderen Personen nicht ausgeschlossen werden können, nur betreten, wenn sie über einen 3G-Nachweis verfügen.
Der Nachweis ist für die Dauer des Aufenthalts bereitzuhalten. Der Inhaber einer Betriebsstätte ist zur Ermittlung personenbezogener Daten (1. Name 2. Geburtsdatum 3. Gültigkeit bzw. Gültigkeitsdauer des Nachweises 4. Barcode bzw. QR-Code) der betroffenen Person ermächtigt. Eine Vervielfältigung, Aufbewahrung der Nachweise und Daten sowie eine Verarbeitung ist grundsätzlich unzulässig (§1 Abs.5 leg.cit.).
2 Wortsinn
2.1. Ein physischer Kontakt ist ein Körperkontakt, das heißt, die direkte Berührung zweier Körper (Deutsche Enzyklopädie). Nachdem der Begriff „physischer Kontakt“ in der Verordnung selbst nicht definiert wird, gilt nach der primär anzuwendenden Wortinterpretation die allgemeine Auffassung und das Verständnis des Begriffsinhaltes „physischer Kontakt“ durch redliche Erklärungsempfänger.
2.2. Ermächtigen heißt, dass der Rechtsträger jemand anderen die Befugnis erteilt hat, auf eigene Rechnung zu handeln (also auf eigene Gefahr – dies ist im Haftungsfall von Bedeutung). Eine Ermächtigung bedeutet auch eine „Vollmacht“, die ohne gesonderten Auftrag nicht zum Handeln verpflichtet. Eine Ermächtigung ist im Allgemeinen eine Erlaubnis, durch die ein Dritter ein ihm sonst nicht zustehendes Recht oder eine Rechtsposition selbst im eigenen Namen ausüben darf. Ermächtigungen kommen sowohl im Zivilrecht als auch im Öffentlichen Recht vor (Jura Forum).
3 Rechtsbeurteilung
3.1. Im Verhältnis zwischen Verordnungsgeber und Betriebsinhaber / Arbeitgeber gilt öffentliches Recht; der Betriebsinhaber / Arbeitgeber wird (nur) zu einem Handeln ermächtigt, (privatrechtlich) dazu nicht berechtigt, und rechtlich schon gar nicht zu einem Handeln verpflichtet. Der Betriebsinhaber / Arbeitgeber wird nicht als „Organ“ der Vollziehung tätig, dazu fehlt jeglicher Anhaltspunkt in der Verordnung oder im Gesetz. Würde er es,
so würde die Republik Österreich nach dem Amtshaftungsgesetz für ihn die Haftung übernommen haben, wofür auch keine Anhaltspunkte bestehen.
3.2. Im Verhältnis zwischen Betriebsinhaber / Arbeitgeber und Arbeitnehmer gilt das nach Privatrecht zu beurteilende Arbeitsverhältnis, also grundsätzlich das ABGB und der Arbeitsvertrag.
Nach ständiger höchstgerichtlicher Judikatur des OGH sind bei Abschluss arbeitsrechtlicher Vereinbarungen und daher auch bei Arbeitsanweisungen die verschiedenen Grenzen der Verhältnismäßigkeit und der Begründbarkeit zu
beachten. Dies fußt nach ständiger Judikatur auf der mittelbaren Drittwirkung der Grundrechte, die im Wege der Konkretisierung der Generalklausel des § 879 AGB (gesetz- und sittenwidrige Vereinbarungen) auf das Arbeitsrecht
durchschlagen und einwirken (vgl. z.B. 9 ObA 104/13/d u.a.). Das bedeutet, dass sich der Arbeitnehmer im Falle einer Verfassungswidrigkeit von Verordnungen und Gesetzen oder auch sonst durch die mittelbare Drittwirkung der Grundrechte im privatrechtlichen Verhältnis zu seinem Arbeitgeber auf seine verfassungsrechtlich gewährleisteten Grund- und Freiheitsrechte berufen kann, wenn in diese durch Arbeitsverträge, Arbeitsanweisungen etc. eingegriffen wird. Im Fall des Widerspruches zu den Grund- und Freiheitsrechten ist die Vereinbarung oder Arbeitsanweisung absolut nichtig (§ 879 ABGB).
3.3. Die 3G-Regel ist weder evidenzbasiert noch rechtlich begründbar; sie verstößt schwerwiegend gegen das Diskriminierungsverbot, das Recht auf körperliche und geistige Unversehrtheit, das Recht auf Leben, Achtung der Privatsphäre und des Familienlebens, auf Erwerbsfreiheit, Unverletzlichkeit des Eigentums und ist dem Recht auf Datenschutz diametral entgegengesetzt.
4 Ergebnis
4.1. Der Betriebsinhaber / Arbeitgeber ist daher aufgrund des privatrechtlichen Arbeitsvertrages nicht berechtigt, von seinem Arbeitnehmer den Nachweis einer 3G-Regel oder seine sonstigen gesundheitsbezogenen Daten herauszuverlangen. Beharrt der Betriebsinhaber / Arbeitgeber auf einer solchen Arbeitsanweisung, so kann diese durch Feststellungsklage als unzulässig beim Arbeitsgericht angefochten werden. Im Falle einer Kündigung / Entlassung kann der Arbeitnehmer dieselbe innerhalb von 14 Tagen beim Arbeitsgericht anfechten.
4.2. Da in der Verordnung auch keine Verpflichtung des Betriebsinhabers / Arbeitgebers zur Erhebung des 3G- Nachweises vorgesehen ist, scheidet eine Bestrafung des Betriebsinhabers / Arbeitgebers im Falle einer Unterlassung
bereits nach grundsätzlichen rechtlichen Erwägungen von vornherein aus.
RA Dr. Michael Brunner
Bundesparteiobmann MFG Österreich
Wien, am 01.11.2021
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