Sehr geehrter Herr Rektor!
Nach mehreren Jahren des freudvollen Studierens an der Uni Graz muss ich Ihnen leider mitteilen, dass es mir unter den gegebenen Umständen unmöglich ist, auch nur eine einzige Lehrveranstaltung im kommenden Semester zu besuchen. Geduldig und immer in der Hoffnung auf Besserung, habe ich die letzten Semester während der Corona-Zeit über mich ergehen lassen und versucht, den entstandenen Schaden auf ein Minimum zu reduzieren. Doch mittlerweile ist meine Geduld am Ende. Die Teilhabe an Lehrveranstaltungen an höchst persönliche und vertrauliche gesundheitsbezogene Daten zu koppeln, ist in höchstem Maße abzulehnen und geradezu grotesk. Weder kann man Menschen dazu zwingen sich einem medizinischen Eingriff zu unterziehen, noch erscheint es einer aufgeklärten Gesellschaft würdig, den Eintritt zu Bildung daran zu koppeln, ob ein Stück Plastik einen oder zwei Striche anzeigt.
Das Leitbild Ihrer Universität schmückt sich mit nun zu Floskeln verkommenen Sätzen, welche von „Gleichbehandlung“, „sozialer Kompetenz“ und „ethischer Integrität“ sprechen. Ich frage Sie, wie passen derart selbst gesteckte Ansprüche noch mit der Einführung des „Grünen Passes“ zusammen? Welche „soziale Nachhaltigkeit“ verfolgen Sie, wenn Sie Menschen nach ihrem gesundheitlichen Status einordnen und manchen den Zutritt zu Lehrveranstaltungen verwehren? Wie wahren Sie den „Grundsatz der Forschung und Lehre“, wenn Sie die Teilhabe an Lehrveranstaltungen von der Zurschaustellung von privaten Gesundheitsdaten abhängig machen? Universitäten galten einst als Orte der Gemeinschaft von Lehrenden und Lernenden. Als Orte des respektvollen Austauschs, des Miteinanders. Und das sollten sie auch weiterhin sein, unabhängig irgendwelcher erdenklicher Merkmale wie Ethnie, Religion und eben auch gelöst vom Besitz eines Gesundheitszertifikats.
UNIVERSITAS MAGISTRORUM ET SCHOLARIUM
mit freundlichen Grüßen
Daniel Pronegg