Jetzt, wo die Kaffeehäuser zwar nicht für Gesunde, aber für 3G-Untertanen wieder geöffnet wurden, kann auch das berühmte „Erzherzogsspiel“, welches der Schriftsteller Friedrich Torberg in seiner Anekdotensammlung „Die Tante Jolesch“ als Zeitvertreib von Intellektuellen und Kaffeehausliteraten beschrieben hat, wieder gespielt werden.
Das Spiel geht folgendermaßen: Ein Erzherzog wird von einem Lehrer geprüft, ist nur mäßig intelligent und gibt auf leichte, ja selbsterklärende Fragen unsägliche bis skurrile Antworten, zum Beispiel wie folgt:
Frage des Prüfers: „Kaiserliche Hoheit. Wie lange dauerte der 30-jährige Krieg?“
Antwort des Erzherzogs: „Vierzehn Jahre!!!“
Der Prüfer steht nun vor einem Problem: Er darf den Erzherzog nicht durchfallen lassen, kann aber eine falsche Aussage ohne Begründung auch nicht als richtig bewerten. Die intellektuelle Herausforderung des Prüfers besteht nun darin, aus einer falschen Antwort kreativ eine richtige zu machen.
Beispielsweise könnte der Prüfer folgendermaßen argumentieren:
Prüfer: “Richtig, kaiserliche Hoheit. Wenn man die Nächte abrechnet, in denen nicht gekämpft wurde, und die Feiertage, hat der 30-jährige Krieg tatsächlich vierzehn Jahre gedauert…“
Auf unsere Verhältnisse übertragen könnte man – vorausgesetzt, man ist getestet, geimpft oder geteert und gefedert (pardon: genesen) – das Spiel im Kaffeehaus unter Einhaltung der Abstandsregeln und Maskenpflicht beim WC-Besuch fortsetzen, etwa indem man folgende Fragen stellt:
Frage 1: “Kaiserlich-mediale Hoheit: Warum hat das hoheitliche Ministerium für eine einzige Krankheit eine spezielle Zählweise eingeführt, indem man nicht nur die Untertanen zählt, die AN, sondern auch jene, die MIT dieser gefährlichen Krankheit verstorben sind?“
Antwort: „Na, das ist doch logisch in Friedenszeiten. Die meisten Untertanen versterben im Frieden MIT einer Krankheit. Oder wähnt Er sich etwa im Krieg, wo Er auch OHNE Krankheit versterben kann?“
Medialer Prüfer: „Ausgezeichnet, Euer mediale Exzellenz. Im Unterschied zu Frankreich, dessen Regent Emmanuel Cofürst von Andorra dem Pöbel den Krieg erklärt hat, befinden wir uns hier seit eineinhalb Jahren in einem lautlosen kakanischen Frieden, in dem alle einer Meinung sein dürfen.”
Frage 2: „Kaiserlich-mediale Hoheit: Warum werden neuerdings gesunde Untertanen darauf getestet, ob sie krank sind?
Antwort: „Natürlich muss Er den gesunden Pöbel testen, ob etwa Kranke darunter sind. Will Er vielleicht einen Kranken testen, bei dem es eh offensichtlich ist, dass er krank ist?“
Medialer Prüfer: „Exzellente Antwort, kaiserlich-mediale Hoheit. Der transhumanistische Fortschritt ist unaufhaltsam. In den dunklen Zeiten der Pöbelherrschaft musste der Untertan beweisen, dass er krank ist, wenn er sich vor der Arbeit drücken wollte. Heutzutage muss der Gesunde beweisen, dass er nicht krank ist, damit er arbeiten darf.“
Frage 3: „Kaiserlich-mediale Hoheit: Warum müssen der gemeine Pöbel und auch die Kinder des gemeinen Pöbels jetzt Masken tragen, dürfen einander nicht mehr die Hand geben, sich nicht mehr umarmen und müssen zwei Meter Abstand voneinander halten?
Antwort: „Weil der Pöbel uns ohne Maske und Abstand unverschämt ins Gesicht grinst. Kinder sollten schon in der Volksschule lernen, dass Anweisungen der hoheitlich-medialen Organe nicht zu hinterfragen sind. Es muss gelernt werden, dass alle zusammenzuhalten und manchmal auch zu Hause zu bleiben haben. Zur Disziplin gehört auch das Mund- und Abstandhalten. Beides erleichtern wir durch die Pflicht, eine Maske zu tragen.“
Medialer Prüfer: „Verbindlichsten Dank, kaiserlich-mediale Hoheit. Die Maske sorgt dafür, dass Mund und Nase, Auswurfstellen für Viren und Lästerungen aller Art, verdeckt werden. Die Maske macht nicht nur mundtot, sie ist den Untertanen auch direkt auf die Nase gebunden. Und durch das Stoßen mit dem Ellenbogen, so wie es dem Pöbel zuletzt von den Gouverneuren der sieben wichtigsten Industriestaaten und Seiner königlichen Hoheit Prinz Charles auf dem G7-Gipfel im Vereinigten Königreich vorgeführt wurde, bereiten wir die Kinder darauf vor, wie man einander künftig in der wunderbaren neuen Welt begrüßen wird.
Für unsere geliebten Untertanen gibt es bei der Begrüßung kein kumpeliges Händeschütteln, kein primatenhaftes Umarmen und keine schädlichen Küsschen mehr. Selbst der intimsten Belange unserer Untertanen nehmen wir uns an.
Auf diese Weise lernen die Kinder der vierten industriellen Revolution, die kraft unserer Gnade hinter ihrer FFP-2-Maske beim Atmen klimafeindliches CO2 ausstoßen und wieder einatmen dürfen, was in der neuen Realität wirklich zählt…”
Frage 4: „Kaiserlich-mediale Hoheit: Warum wird der Pöbel jetzt gezwungen, sich mit einem nur bedingt zugelassenen neuen Impfstoff aus einer wenig erprobten neuen Technologie impfen zu lassen?“
Antwort: „Weil WIR uns für die Gesundheit und das Wohlverhalten unserer Untertanen verantwortlich fühlen. Und wenn ER sich nach einer Impfung dauerhaft schwer geschädigt fühlt, kann ER vom Sozialministerium eine einmalige pauschale Entschädigung von 1.305 Coronas und 50 Heller bekommen! Dafür muss ER nur ein Verwaltungsverfahren durchlaufen.“
Medialer Prüfer: „Wunderbar richtig, kaiserlich-mediale Hoheit. Weil Seine kaiserlich- mediale Hoheit seine Untertanen liebt und nur das Beste für sie will. Untertänigsten Dank für die großartigen Antworten Euer Hochwohlgeboren auf die Prüfungsfragen. Summa summarum: Kaiserlich-mediale Hoheit haben die Prüfung mit Auszeichnung bestanden!“
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