Mein Mann war dement, hatte einen Dauerkatheder, vergaß sogar zu trinken und musste daher Infusionen bekommen. Zu Hause konnte ich ihn nicht richtig versorgen und so bekam er einen Platz in einem Wiener Pflegeheim.
Ich versprach meinem Mann, ihn täglich zu besuchen. Er glaubte, er sei auf Reha und dachte, alles wird schon besser werden. Ich habe ihm mein Wort gegeben und kam täglich sechs Stunden zu Besuch.
Dann kam der erste Lockdown, die Türen wurden verschlossen, 50 Tage lang! Mein Versprechen wollte ich unter allen Umständen halten. Ich habe wirklich alles versucht, um ihn zu sehen, habe der Heimleitung Vorschläge gemacht, wie dies möglich werden könnte: am Gittertor stehen und mit meinem Mann reden; bei einer Glastüre stehen ihm winken; eine Besucher-Box bauen; einen negativen Test vorlegen … nichts davon wurde erlaubt, die Verantwortliche blieb hart. Das könne man nicht machen, sonst wollen das am Ende noch alle.
Mir blieb also nur Kontakt aus der Ferne: dreimal telefonieren und dreimal skypen. Ich lebte in Isolation, hätte mich nirgendwo anstecken und das Virus mitbringen können. Währenddessen gingen Sozialarbeiter und Zivildiener im Pflegeheim aus und ein.
Mein Mann baute immer weiter ab, bis er schließlich allein starb. Anstatt mich zu kontaktieren, wurde mein Sohn mitten in der Nacht verständigt.
Meiner Meinung nach handelte es sich hierbei um nichts anderes als Haft – eine Stunde pro Woche Besuch, mit vorheriger Terminanmeldung, unter Aufsicht, hinter zugesperrten Gittertoren. Das kann doch nicht gesetzeskonform sein?
Sabine Vieth