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Alle konnten sich von ihrem Vater verabschieden

Im November 2020 wurde mein Nachbar in Tirol nach einem langen, erfüllten Leben als Bauer, Postler, Musiker und Vater von sechs Söhnen mit einem Gehirnschlag ins Krankenhaus eingeliefert. Da seine Frau schon vor längerer Zeit gestorben war, verständigten die Ärzte einen seiner Söhne, da sie für den Vater nicht mehr viel tun konnten. Zwei Angehörige dürften zu ihm kommen, um sich von ihm zu verabschieden. Nur zwei? Der Sohn war verzweifelt, denn nach welchen Kriterien sollten die sechs Brüder bestimmen, wer von ihnen sich vom Vater verabschieden durfte und wer nicht?

Wenige Minuten später läutete sein Handy. Am Telefon war eine Ärztin, die zu ihm sagte: „Ich habe heute Dienst auf der Station, wo Ihr Vater liegt. Ich kann es mit meinem Gewissen nicht vereinbaren, vier Söhne von der Verabschiedung auszuschließen. Kommen Sie mit allen Ihren Brüdern ins Krankenhaus! Falls es Ärger gibt, nehme ich das auf meine Kappe!“

Mein Nachbar hat im Kreis seiner Kinder friedlich diese Welt verlassen. Für die sechs Brüder, die nicht mehr so oft zusammenkommen, seit sie ihre eigenen Familien gegründet haben, war es ein würdevoller Abschied. Sie lagen einander in den Armen, weinten, teilten ihre Erinnerungen und erlebten am Sterbebett des Vaters eine neue Verbundenheit.

Soweit ich weiß, gab es für diese Ärztin mit Herz und Zivilcourage keinen Ärger.

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