Ein Abstecher zum offenen Bücherregal am Schottenring ist seit Jahren ein Fixpunkt meiner Gänge durch die Stadt. Dieses Regal funktioniert perpetuum-mobileartig und ist wie ein zirkulierendes Antiquariat mit einer Fülle an Angeboten jeglicher Genres: für leidenschaftliche Leser/innen wie mich eine Fundgrube und Quelle von Inspiration, Unterhaltung, Wissen und Staunen.
Natürlich habe ich selber auch meist Bücher, die ich weitergeben will dabei, um das Entnommene zu ergänzen. Hatte – muss ich inzwischen sagen, denn als ich zu Beginn des dritten Lockdowns an einem nebelig nassen Winterabend dort vorbeiging, glaubte ich zuerst an eine Wahrnehmungsverrückung: Bin ich am richtigen Ort, hier sieht’s ganz anders aus …? Ver-rückt, das war: der Bücherschrank aus Glas … der war nämlich weg, jetzt durch eine spiegelnd glatte Asphaltfläche ersetzt, die Betreiber dieser Regale hatten ihn offenbar coronabedingt wegen gefährlicher potenzieller Virenverbreitungsgefahr (im Freien?) einfach abmontiert.
Am 12. Dezember habe ich zum letzten Mal eine Tasche voll Büchern vorbeigebracht. Eine Frau war gerade am Aussuchen, als ich mit dem hinter ihr wartenden Mann ins Gespräch kam. Dieser übernahm nach meinen Beschreibungen gleich erfreut fast mein gesamtes Sortiment. Ob diese neun Bücher wohl für den gesamten Lockdown ausreichen werden?
10.1.2021